XIV. FORUM OSTWEST: Jüdisches Leben in Deutschland
Beim FORUM OSTWEST in Bergisch Gladbach dreht sich bei einem DiskussionsFORUM und einem vielfältigen Begleitprogramm alles um jüdisches Leben in Deutschland.
Grenzen zwischen Ost und West zu überwinden, Brücken zu bauen und sich zu begegnen – das ist das Ziel des seit 1992 bestehenden FORUM OSTWEST des Rheinisch-Bergischen Kreises.
2021 steht FORUM OSTWEST im Zeichen des bundesweiten Festjahres #2021JLID – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Diesem Thema widmen wir uns in einem zentralen DiskussionsFORUM und mit vielfältigem kulturellen Begleitprogramm.
Wir laden herzlich zu Ausstellungen, einem Themenrundgang, Filmen, einer Autor*innenlesung, Puppentheater sowie einer Podiumsdiskussion ein.


Veranstalter
Veranstaltungen
18.05.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Da es in der jüdischen Gemeinschaft keine zentrale staatliche Hierarchie gab, entwickelten sich im Laufe der Geschichte verschiedene Landmannschaften und religiöse Riten. So soll in großen Linien vom sephardischen und aschkenasischen Judentum, von deutschen Jüdinnen*Juden und Ostjüdinnen*juden im 19. Jahrhundert die Rede sein und innerhalb des deutschsprachigen Judentums von den in den 1840er-Jahren entstandenen modernen religiösen Strömungen, dem modern-orthodoxen, dem konservativen und dem religiös-liberalen Judentum.
28.05.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Eins der vorherrschenden Bilder von jüdischer Existenz ist das des „wandernden Juden“. Jüdinnen*Juden seien heimatlos und damit niemals Patriot*innen, sie seien ungebunden und damit niemals zu „ehrlichem Handwerk“ fähig. Der Gedanke an das ebenfalls gefürchtete und verachtete „fahrende Volk“ liegt nahe.
Was hat es mit diesen Klischees auf sich, die bis heute in unseren Schulbüchern wiedergegeben werden und Jüdinnen*Juden zu Fremden machen? Wie sah und sieht der Alltag jüdischer Familien tatsächlich aus? Beispiele jüdischer Biografien im Bergischen Land geben eine Vorstellung davon.
01.06.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Aus Jascha Lülsdorf wird der Kennedy-Fotograf Jaques Lowe. Die drei Söhne der Familie Reichenbach werden katholische Priester. Dr. Paul Silverberg, einer der bedeutendsten deutschen Unternehmer seiner Zeit und persönliche Freund Konrad Adenauers, lebt auf dem herrschaftlichen Hoverhof in Schildgen. 1944 wird Medizinalrat Dr. Erich Deutsch nach Theresienstadt deportiert, dort misshandelt und ermordet. Und Auguste und Dr. Fritz Fuchs werden posthum geehrt als „Gerechte unter den Völkern“.
02.06.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Margot Epstein (1921-2004), geboren und aufgewachsen in Bonn, konnte bei ihrer Flucht 1939 nach Großbritannien und weiter in die USA viele persönliche Fotos der Familie retten. Sie erhielt noch bis 1942 Briefe von ihrer Mutter und Familienangehörigen, die im besetzten Polen lebten. Ihre Biografien sind Beispiele dafür, wie die*der Einzelne in das Räderwerk der Politik im Spannungsfeld zwischen West und Ost geraten konnte und welche Auswirkungen dies in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf die Jüdinnen*Juden hatte.
In Kooperation mit der Volkshochschule Bergisch Gladbach.
Die Ausstellung kann bis zum 09.06.2021 in der VHS besichtigt werden.
10.06.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Im Jahr 1818 wurde auf Anordnung des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen in Bonn eine Universität gegründet, die zu den modernsten Hochschulen ihrer Zeit gehörte. Die meisten ihrer Student*innen kamen aus den damaligen preußischen Gebieten in Rheinland und Westfalen, darunter auch aus dem Bergischen Land. Entsprechend der damaligen preußischen Hochschulpolitik waren nur ganz wenige jüdische Dozent*innen berufen oder jüdische Studierende an der neuen Universität immatrikuliert worden.
Die Herkunft, den sozialen Hintergrund oder die Verteilung auf die einzelnen Fakultäten beleuchtet der Vortrag für die ersten 100 Jahre der Bonner Universität.
15.06.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Der Vortrag zielt darauf ab, nostalgische Vorstellungen vom osteuropäischen Schtetl als Ort unangetasteter jüdischer Tradition ebenso wie das Stereotyp „rückständiger“ Ostjüdinnen*juden kritisch zu hinterfragen.
Yvonne Kleinmann erzählt eine zeitlich und regional dynamische Geschichte der Jüdinnen*Juden im östlichen Europa von den frühneuzeitlichen jüdischen Gemeinden Polen-Litauens bis zu den jüdischen Kontingentgeflüchteten aus der ehemaligen Sowjetunion in Deutschland.
Im Mittelpunkt stehen die Entwicklungen jüdischer Lebenswelten in Polen und Russland und die Frage, was „jüdisch“ im Laufe der Jahrhunderte eigentlich bedeutete.
22.06.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
In den 1920er-Jahren waren die jüdischen Immigrant*innen in Deutschland Teil der bis dahin größten registrierten ethnisch und sozial gemischten Migration aus dem östlichen Europa. Sie gaben der Weimarer Republik zahlreiche kulturelle und politische Impulse und wurden zugleich zu einem Indikator dafür, wie viel Fremdheit die Gesellschaft vertrug.
Unter der NS-Herrschaft befeuerte das Stereotyp von den Ostjüdinnen*juden den Antisemitismus, der den Massenmord legitimierte und jüdisches Leben in Deutschland zerstörte.
Seit Beginn der 1990er-Jahre beleben Jüdinnen*Juden aus der ehemaligen Sowjetunion die deutsche Gesellschaft erneut.
28.06.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Seit den 1880er-Jahren war Deutschland ein natürlicher Anziehungspunkt für verfolgte Ostjüdinnen*juden. Ihre Anwesenheit führte zu einer Polarisierung der deutsch-jüdischen Gegensätze. Die assimilierten Jüdinnen*Juden waren beunruhigt über die jiddische Kultur, die mit einem Mal inmitten ihrer liberalen Zivilisation auftauchte. Die innerjüdischen Auseinandersetzungen trugen Züge eines Machtkampfes, in welchem es nicht an Intrigen und persönlichen Eitelkeiten, an unnötigen Schärfen und überspitzten Ideologien mangelte. Trotz repressiver Ausländerpolitik, trotz ausgeprägtem Antisemitismus gab es für die Ostjüdinnen*juden im Deutschland der Weimarer Republik eine Perspektive.
29.06.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Das Bild der christlichen Legendenfigur des Ewigen Juden Ahasver ist heute stark geprägt durch seine Verwendung in der antisemitischen Propaganda der Nationalsozialisten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machten zahlreiche deutsch-jüdische Autor*innen Ahasver zum Protagonisten ihrer Dichtungen und Romane. Seit dem späten 19. Jahrhundert setzten sich dann auch namhafte bildende Künstler*innen jüdischer Herkunft in Deutschland und Osteuropa mit dem Ewigen Juden auseinander und schufen durch ihre Umdeutungen eine vielschichtige jüdische Identifikationsfigur.
Dieser Entwicklung geht Dr. Lea Weik in ihrem Vortrag anhand zahlreicher Bildbeispiele nach.
02. bis 09.06.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Ausstellung | Geschichte
Im 18. Jahrhundert ließ sich die Familie Klaber in Zülpich nieder. Die meisten Familienmitglieder wurden unter der NS-Herrschaft deportiert und ermordet. Margot Epstein konnte bei ihrer Flucht nach Großbritannien und weiter in die USA viele persönliche Fotos der Familie retten. Sie erhielt noch bis 1942 Briefe von ihrer Familie, die im besetzten Polen lebte.
Die Ausstellung erzählt die Geschichte der Familie Klaber im Rheinland, in Polen und in der ganzen Welt.
Eine Ausstellung der Gedenkstätte Bonn mit freundlicher Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen. In Kooperation mit der VHS Bergisch Gladbach.
01.06. bis 03.07.2021 | 9 bis 13 Uhr
Ausstellung | Geschichte
In Köln groß geworden, wanderte Jascha Lülsdorf Ende der 1940er-Jahre nach Amerika aus, nannte sich fortan Jacques Lowe und wurde als Fotograf berühmt. Er begleitete John F. Kennedy während dessen Wahlkampagne und späterer Präsidentschaft, wurde dabei ein Freund der Kennedy-Familie und ging in deren Wohnsitzen wie auch im Weißen Haus ein und aus.
Finissage am Samstag, 3. Juli 2021, um 13 Uhr
Eine Ausstellung des Himmel un Ääd e.V. in Kooperation mit dem Kulturamt des Rheinisch-Bergischen Kreises im Rahmen von FORUM OSTWEST 2021: Jüdisches Leben in Deutschland.

06.06.2021 | 14 bis 16 Uhr
Dialog | Stadtrundgang
Wann kamen die ersten Jüdinnen*Juden nach Zündorf (Köln)? Sicher nachweisen lassen sie sich ab 1708. Sie waren Pferde- und Viehhändler*innen, kleine Handwerker*innen und Händler*innen. Um 1920 bemühte sich die Gemeinde um die Anlage eines eigenen Friedhofs.
1942 verlor die Synagogengemeinde ihre Rechtsfähigkeit und der Friedhof sollte auf die Gemeinde Porz übertragen werden. Diese Eigentumsübertragung unterblieb jedoch. Die Pflege des Friedhofs ist nunmehr Aufgabe der Stadt Köln.
08.06.2021 | 19 bis 21.15 Uhr
Film | Film
Anfang der 1960er-Jahre macht sich eine junge Novizin in Polen auf eine Reise in die eigene Vergangenheit: Eine Tante informiert sie über ihre jüdische Herkunft und die Ermordung der Eltern während der Shoa.
Der dialogarme Film erzählt mit strengen Schwarz-Weiß-Bildern und einem vielschichtigen Soundtrack aus Bach, Mozart und modernem Jazz von den Narben, die die Verbrechen des 20. Jahrhunderts hinterlassen haben.
Mit anschließendem Filmgespräch mit Thomas von der Heide.
Autor: Pawel Pawlikowski
FSK-Freigabe: FSK 0
Produktionsjahr: 2013
Laufzeit: 80 Minuten
17.06.2021 | 19 bis 21.15 Uhr
Film | Film
Der Rabbi ist Ende 80. Der kleine Mann mit Hut wurde in Berlin geboren, hat einen britischen Pass und wohnt in einem Häuschen in der Nähe von London. Immer Mitte der Woche fliegt er nach Hamburg, steigt dort in den Zug und pendelt zu seinen jüdischen Gemeinden nach Schwerin und Rostock. Samstags nach dem Gottesdienst geht es zurück nach London – es sei denn, er ist bei Verwandten in Jerusalem, auf Fastenkur in Bad Pyrmont oder beim Pferderennen in Ascot.
Mit anschließendem Filmgespräch mit Thomas von der Heide.
Autorin: Britta Wauer
FSK-Freigabe: LEHR Programm
Produktionsjahr: 2016
Laufzeit: 95 Minuten
24.06.2021 | 19 bis 21.15 Uhr
Film | Film
Über einen biederen College-Dozenten bricht das geballte Unglück herein. Als er seinen Job und seine Familie zu verlieren droht und obendrein auch noch einen Prozess mit seinem Nachbarn sowie seinen renitenten Bruder am Hals hat, stellt er sich und den Rabbis seiner Gemeinde verzweifelt die Frage nach dem Sinn all dieser Übel. Eine an die biblische Hiobsgeschichte angelehnte Komödie, in der alles Rationale den Zweifeln des Mystischen ausgesetzt wird.
Mit anschließendem Filmgespräch mit Thomas von der Heide.
Autor: Ethan und Joel Coen
FSK-Freigabe: 12
Produktionsjahr: 2009
Laufzeit: 105 Minuten
01.07.2021 | 19.30 bis 21.30 Uhr
Bühne | Lesung
Kann man sich totstellen, um der sicheren Erschießung zu entkommen? Einen Fluch unschädlich machen, indem man die Tür verriegelt? Den Abschied vergessen und Gefühle auf Leinwand bannen?
Die Künstlerin Kira lebt mit Marc und Sohn Karl in Berlin. In den 90er-Jahren ist sie mit ihren Eltern aus Moldawien nach Deutschland gezogen, irgendwo angekommen ist aber keine*r in ihrer russisch-jüdischen Familie. Kira betrachtet nicht nur das eigene Leben, sondern auch das ihrer Vorfahren. Sie reist nach New York, Israel und Moldawien und versucht, die Geschichten zu begreifen.
21.06.2021 | 19.30 bis 21.30 Uhr
Dialog | Podiumsgespräch
Jüdisches Leben in Deutschland ist vielfältig und ausdifferenziert. Die Frage nach der Identität ist für viele Jüdinnen*Juden eine religiöse und eine kulturelle.
Die Podiumsdiskussion knüpft an Fragen nach einer „jüdischen Identität“ sowie die Diskussion und Forderung nach einer radikalen Vielfalt an. Wie können wir Gesellschaft gemeinsam gestalten? Wie verschieden sind wir und wollen wir sein? Wie viel Verschiedenheit hält eine Gesellschaft aus und was kann das Potenzial eines solchen Ansatzes sein? Darüber diskutieren Vertreter*innen des Judentums und aus dem christlich-jüdischen Dialog.
Diskutanten: Yechiel Brukner (Rabbiner Synagogen-Gemeinde Köln), Ariella Dumesch (Leiterin des Jugendzentrums der Synagogen-Gemeinde Köln), Thomas Frings (Interreligiöser Dialog, Erzbistum Köln), Dr. Roman Salyutov (Pianist und Dirigent).
Moderation: Melanie Wielens (freiberufliche Moderatorin und Coach).
18.05. bis 01.07.2021
Bühne | Theater
Ein Puppenspiel für Kinder im Grundschulalter und in den ersten beiden Jahrgangsstufen der Sekundarstufe II. Mit kunstvoll gearbeiteten Figuren zeigt Puppenspieler Gerd J. Pohl die berühmteste aller jüdischen Legenden auf feinsinnige, emotionale und zugleich doch auch humorvolle Art und befreit dabei den Golem von seinem gespenstischen Image, das ihm seit der Stummfilmzeit anhaftet.
Aufführungen sind sowohl im Bensberger Puppenpavillon als auch an jedem anderen passenden Veranstaltungsort (Schulaula, Kulturzentrum, Gemeindesaal o. ä.) möglich.
19.08. bis 03.10.2021
Ausstellung | Kunst
Ulrike Oeters und Michael Wittasseks Zugang zu FORUM OSTWEST 2021 entsteht über die Auseinandersetzung mit zwei Menschen und ihrem Leben und Wirken. So nimmt Ulrike Oeter die deutsch-jüdische Dichterin Else Lasker-Schüler in den Blick, Michael Wittassek beschäftigt sich mit dem französisch-litauischen Philosophen und Autor Emmanuel Levinas, dessen Wurzeln osteuropäisch sind und der jüdischen Glaubens war.
Am Ende steht die Grundfrage des XIV. FORUMs im Raum: Wie wollen wir leben – und wie wollen wir eigentlich auch angesichts aller Fremde, Andersartigkeit und Abgründigkeit gemeinsam Gesellschaft gestalten?

24.08.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Im Vortrag „Ungleiche Geschwister einer Familie“ spricht der Historiker PD Dr. L. Joseph Heid über Westjuden vs. Ostjuden in der deutschen Kultur seit 1914.
31.08.2021 | 19.30 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Im Vortrag „Jenseits von ,Ghetto' und Folklore“ zeichnet Prof. Dr. Yvonne Kleinmann, Professorin für osteuropäische Geschichte an der Universität Halle, eine historische Skizze jüdischer Lebenswelten im östlichen Europa.