Jüdisches Leben und jüdische Schicksale in Iserlohn, Letmathe und Hennen
Im nordrhein-westfälischen Iserlohn erinnern eine Publikation und eine Veranstaltungsreihe an jüdisches Leben in der Umgebung.
Anlässlich des Festjahres #2021JLID – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland erarbeiten Stadtarchiv und Stadtmuseum im nordrhein-westfälischen Iserlohn mit mehreren Autor*innen eine Publikation zur Geschichte des jüdischen Lebens in Iserlohn, Letmathe und Hennen, die 2022 erscheinen soll. Von Januar bis Juni 2022 führt eine Veranstaltungsreihe in die Thematik ein. Die Veranstaltungen erinnern an das jüdische Leben in Iserlohn und Umgebung und widmen sich auch der Erinnerungskultur.

Veranstalter
Veranstaltungen
27.01.2022 | 18.30 bis 20.30 Uhr
Dialog | Vortrag
Die Geschichte der Familie Hoffmann in Iserlohn beginnt mit dem Zuzug von Letmathe nach Iserlohn im Jahre 1893. 1921 wird Paul Hoffmann hier geboren. Ein deutsch-jüdisches Familienleben, etabliert in der Lebenswelt und dem Brauchtum der Stadt, scheint seinen ganz normalen Gang zu gehen. Ab 1933 jedoch wird es eine Geschichte, zu der die Shoa mit ihren Schrecken gehört. Paul Hoffmann aber kehrt aus Auschwitz und Buchenwald zurück, zwar nicht nach Iserlohn, aber ins deutsche Heimatland, dem er bis zu seinem Tod 2008 in Düsseldorf auf seine Art die Treue hält.
22.02.2022 | 18.30 bis 20.30 Uhr
Dialog | Vortrag
Der Vortrag behandelt die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hennen vom 17. bis ins frühe 20. Jahrhundert. Bis zum heutigen Tag ist sie durch die Gräber auf dem Friedhof in der Waldemey präsent, der sich heute am Rand eines Neubaugebietes befindet. Schon während des Ersten Weltkriegs war jedoch die letzte jüdische Familie aus Hennen in Großstädte weggezogen. Hennen teilt also das Schicksal vieler jüdischer Gemeinden in Westfalen. Unter den Weggezogenen gehörten die Brüder Josephson und die Familie Reifenberg zu den Prominenten, die ihre Spuren in der westfälischen und deutschen Geschichte hinterlassen haben.

24.03.2022 | 18.30 bis 20.30 Uhr
Dialog | Vortrag
Ihre Familie lebte mindestens seit 1841 in Letmathe. Ihr Vater war ein Kaufmann, bei dem die Letmather einkauften. Sie spielten mit anderen Kindern im Ort und drei von ihnen gingen auf das Gymnasium in Iserlohn. Dass die Lebenswege der vier Brüder Julius, Adolf, Oskar und Siegfried Koppel äußerst dramatisch verlaufen würden, war nicht vorauszusehen. Der einzige Grund für Verfolgung, Entrechtung, Enteignung, Emigration und KZ-Haft: Sie waren Juden.
Anhand von Dokumenten, Zeitzeugenberichten und Material der im Ausland lebenden Nachfahren der Familie Koppel werden die Lebenswege der vier Brüder aus Letmathe nachgezeichnet.

26.04.2022 | 18.30 bis 20.30 Uhr
Dialog | Vortrag
Seit 1887 war die jüdische Familie Ehrlich in Iserlohn ansässig. Sie gründete und führte über mehrere Jahrzehnte ein großes Haushaltswarengeschäft in der Innenstadt. Der Machtantritt der Nationalsozialisten bedeutete einen Einschnitt. Schon beim ersten Boykott des NS-Regimes am 1. April 1933 war das Geschäft betroffen, in der Reichspogromnacht 1938 wurden Schaufenster und Waren zerstört. Kurz darauf folgte der Zwangsverkauf. In dem Vortrag wird die Geschichte der Familie Ehrlich als Beispiel einer jüdischen Familie skizziert, die bis 1933 anerkannt und integriert war und danach diskriminiert, verfolgt, deportiert und schließlich ermordet wurde.

24.05.2022 | 18.30 bis 20.30 Uhr
Dialog | Vortrag
Der Iserlohner Charly Kipper (1926-2014) ist seit 2000 ein wichtiger Zeitzeuge für jüdische Geschichte in Iserlohn gewesen. 13 Jahre lang begleitete er Schüler*innen aller Schulformen und Altersklassen bei diesen Rundgängen und erzählte unermüdlich von dem, was er selbst in seiner Kindheit erlebt hat. Die Autorin Sabine Hinterberger, die gemeinsam mit ihm sein Buch „Onkel Willy, warum weinst du?“ geschrieben hat, stellt ein sehr persönliches Porträt vor, das sich aus Begegnungen und Teilen der Biografie zusammensetzt.
21.06.2022 | 18.30 bis 20.30 Uhr
Dialog | Podiumsgespräch
Wie gestaltete sich der Umgang mit der NS-Vergangenheit in Iserlohn? Welche sichtbaren Zeichen des Erinnerns gibt es in Iserlohn? Welche Akteure waren an der Realisierung maßgeblich beteiligt? Gab es Widerstände? Und wie kann es angesichts des Verlustes der Zeitzeugengeneration gelingen, junge Menschen für die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit zu gewinnen?
Diesen und weiteren Fragen werden Stadtarchivar i. R. Götz Bettge, die Redakteurin Alexandra Lehmann und Jörg Simon vom Kinder- und Jugendschutz der Stadt Iserlohn im Gespräch mit Museumsleiterin Dr. Sandra Hertel und Stadtarchivar Rico Quaschny nachgehen.
