Jiddisches Leben in Hamburg - gab es das?
In Hamburg macht sich die Salomo-Birnbaum-Gesellschaft für das Jiddische stark.
Jiddisch ist aus dem Mittelhochdeutschen entstanden und wurde mit hebräischen wie aramäischen Wörtern angereichert. Durch den kulturellen Austausch zwischen Jüdinnen*Juden und Christ*innen gingen zahlreiche jiddische Wörter in die deutsche Alltagssprache ein. Fragt man Menschen, was eigentlich „Jiddisch“ sei, wird dies häufig mit „Jüdisch“ gleichgesetzt.
Die Salomo-Birnbaum-Gesellschaft möchte in vier Veranstaltungen zeigen, dass Jiddisch in Hamburg immer präsent war. Jiddisch ist als grenzüberschreitende, interkulturelle und identitätsstiftende Sprache hochaktuell. Lebensgeschichten eröffnen den Dialog über heutige Probleme wie Emigration, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.

Veranstalter
Veranstaltungen
30.05.2021 | 18 bis 19.30 Uhr
Bühne | Lesung
Salomon Maimon, streitbares Genie aus Polen-Litauen, durchstreifte Ost- und Mitteleuropa auf der Suche nach der Wahrheit. Während dieser abenteuerlichen Reise eckt der Talmudschüler mit seiner Provokationslust und seinem schlechten Benehmen überall an, findet aber auch renommierte Bewunderer, wie Moses Mendelssohn und Immanuel Kant.
Als Aufklärer ist er darüber hinaus repräsentativ für den Ende des 18. Jahrhunderts eingeleiteten „Sprachwechsel“ vom Jiddischen zum Hochdeutschen. Durch einen Aufenthalt im Hamburger Christianeum (1783 bis 1785) versuchte er, seine Deutschkenntnisse zu verbessern.
Ein Vortrag mit Lesung.
Referent: Dr. Daniel Elon
Sprecher: Peter Bieringer
26.06.2021 | 20 bis 21.30 Uhr
Bühne | Lesung
Glikl von Hameln, erfolgreiche Kaufmannsfrau aus Hamburg und Altona, verfasste ab 1691 die erste weibliche Autobiografie in westjiddischer Sprache. Sie berichtet von ihrem Leben als früh verwitwete jüdische Kaufmannsfrau und zwölffache Mutter: von Geschäften, Eheschließungen, Gemeindeleben, beschwerlichen Reisen, Zeitereignissen und jüdischer Tradition.
In Verbindung mit altjüdischen Liedern und Musik aus Renaissance und Barock, sorgfältig recherchiert und dargeboten vom Ensemble simkhat hanefesh, werden die von Stella Jürgensen eindringlich gelesenen Textauszüge lebendig.
Musik: Ensemble simkhat hanefesh
Lesung: Stella Jürgensen
22.08.2021 | 20 bis 22 Uhr
Bühne | Lesung
Der sowjetische Autor Leib Kvitko verfasste 1923 eine detaillierte Beschreibung von Hamburg zur Zeit der Weimarer Republik. Kaleidoskopartig bildet sein Erzähl-Zyklus „Ba Riogrander fel“ Aspekte des damaligen politischen und gesellschaftlichen Lebens ab. Sein Bericht über den Hamburger Aufstand und seine bittere und ironische Sicht sind spannend und entlarvend. Die Lesung aus seinem jetzt von der SBG ins Deutsche übersetzten jiddisch-sprachigen Werk wird verbunden mit Zeitzeugnissen, Bildern und Musik der 20er-Jahre (z. B. R. Gilbert, Gebr. Wolf), dargeboten vom Hamburger Ensemble SCHMATTES.
Musik: Ensemble SCHMATTES
Lesung: Stella Jürgensen
19.09.2021 | 20 bis 22 Uhr
Bühne | Theater
Die Theateraufführung „Wahnsinn aus Heimweh“ beleuchtet ein bedrückendes Kapitel ostjüdischer Emigration über Hamburg in die USA. Anfang des 20. Jahrhunderts verhinderte die Immigrationsbehörde auf Ellis Island die Einreise vieler Auswanderer, indem sie diese als „geisteskrank“ stigmatisierte und zurückschickte, darunter jiddischsprachige Ostjuden. Eingewiesen in die Irrenanstalt Hamburg-Friedrichsberg, machte die Unkenntnis des Jiddischen eine angemessene Behandlung unmöglich.
Basierend auf alten Krankenakten entstand eine dokufiktionale Inszenierung mit einer heute wieder aktuellen Thematik.
Mit: Benjamin-Lew Klon
Einrichtung & Bearbeitung: Anne Rietschel, Cora Sachs und Anton Kurt Krause
Musik & Tontechnik: Nourdin Ghanem
Kostüm & Masken: Cora Sachs