Tacheles Oberlausitz – Initiative für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus
Stark gegen Antisemitismus
Tacheles Oberlausitz ist eine Initiative, die sich in der Region zwischen Görlitz, Ostritz und Zittau für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus einsetzt.
Die Initiative Tacheles Oberlausitz engagiert sich für die Stärkung und die Sichtbarkeit jüdischen Lebens. Sie lädt ein, Geschichten über jüdische Spuren und Persönlichkeiten in der Region zwischen Görlitz, Ostritz und Zittau zu erfahren und mit jüdischen Mitbürger*innen ins Gespräch zu kommen. Damit möchte sie dem besorgniserregenden Anstieg von Antisemitismus, Shoaleugnung, Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit entgegenwirken und für die Bürger*innen, die sich aktiv dagegen einsetzen, ein Netzwerk zum gegenseitigen Austausch und zur Weiterbildung aufbauen.
Verbindungen zu Gleichgesinnten
Drei Akteure haben sich im Rahmen des Netzwerks Ostsachsen gegen Antisemitismus zu der Initiative zusammengeschlossen: das Internationale Begegnungszentrum (IBZ) Marienthal, der Förderkreis Görlitzer Synagoge e. V. und die Fachstelle für jüdisches Leben in der Hillerschen Villa Zittau. Das IBZ Marienthal, das bereits auf umfangreiche Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit antisemitischen Verirrungen zurückgreifen kann, widmet sich dem Aufbau einer Koordinierungsstelle aller Aktiven, die sich als Einzelpersonen oder Gruppen gegen antisemitische Vorstellungen im Landkreis Görlitz zur Wehr setzen. Es organisiert gemeinsame Treffen, knüpft Verbindungen zu Gleichgesinnten und hilft bei der Partnersuche für Projekte. In Vorträgen über bedeutende jüdische Persönlichkeiten der Region leistet es historische Aufklärungsarbeit.
Erinnerungen an jüdische Persönlichkeiten
Der 2004 ins Leben gerufene Förderverein der Görlitzer Synagoge setzte sich mit Führungen, Workshops und Kulturveranstaltungen für die Restaurierung und Nutzung der leer stehenden Synagoge ein. Zur Wiedereröffnung des Hauses am 110. Jahrestag seiner Weihe als Kulturforum veranstaltet er ein Fest, zu dem Nachkommen jüdischer Görlitzer Familien aus der ganzen Welt geladen sind. Der Festvortrag lässt 800 Jahre jüdische Geschichte in Görlitz Revue passieren. Zudem erstellt der Verein eine Wanderausstellung zum jüdischen Leben in der Oberlausitz. Diese zeigt Wissenswertes aus der Baugeschichte der Synagoge, die als einzige in Sachsen die Shoa überstand, und erinnert an jüdische Persönlichkeiten wie den Unternehmer und Mäzen Martin Ephraim, der das gesellschaftliche und kulturelle Leben von Görlitz prägte. Und die Fachstelle in der Hillerschen Villa Zittau, dem einstigen Domizil des Erfinders Gustav Hiller aus Großschönau, widmet sich seit den 1990er-Jahren der Bildungsarbeit. Sie recherchiert die Biografien jüdischer Bürger*innen Zittaus, erschließt den jüdischen Friedhof als Erinnerungs- und Begegnungsort und erarbeitet Stadtführungen. Mit Audio-Beiträgen zur jüdischen Regionalgeschichte sowie Vorträgen erinnert sie an das einstige jüdische Leben in Zittau. Schulen und Vereinen bietet sie Treffen mit jüdischen Mitbürger*innen.
Die drei Akteure wollen einander ermutigen, ihre Kräfte bündeln und Synergien schaffen, um in gemeinsamer Anstrengung demokratisches Denken zu befördern, Vorurteile zu beseitigen und antisemitischen Vorstellungen entgegenzuwirken. Einem Beschluss der ersten frei gewählten DDR-Regierung unter Lothar de Maizière ist es zu verdanken, dass die Zahl jüdischer Bürger in Deutschland im Gegensatz zum übrigen Europa wächst. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs konnten Jüdinnen*Juden aus der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten nach Deutschland kommen und die jüdische Kultur neu beleben. Die Akteur*innen erachten es für den Erfolg ihrer Initiative als besonders wichtig, die vom Antisemitismus betroffenen jüdischen Mitbürger*innen in ihre Arbeit einzubeziehen.
Veranstalter
Veranstaltungen
26.08.2021 | 20 bis 22 Uhr
Film | Film
Wie geht es jungen Jüdinnen*Juden und Muslim*innen in Deutschland? Welche Alltagserfahrungen machen sie, und wie erleben sie Antisemitismus und Islamfeindlichkeit? Und was wünschen sie sich von anderen Menschen in Situationen, in denen Alltagsrassismus und Antisemitismus passiert?
Gezeigt werden ausgewählte Clips von Youtube und Co., in denen junge Menschen zu Wort kommen, die nicht nur jüdisch oder muslimisch sind, sondern engagiert, stark, witzig und ganz individuell. Rund um die Clips gibt es kurze Einführungen, Hintergrundinformationen und ungezwungene Gesprächsangebote für das Publikum.
01.07.2021 bis 30.06.2022
Dialog | Workshop
Das Medium Film ist nicht nur ein wichtiges Kulturgut der Gegenwart, sondern auch in der Lage, schulische und gesellschaftliche Inhalte anschaulich sowie kinder- und jugendorientiert zu vermitteln.
In kompakten und spannenden Workshops sowie moderierten Filmgesprächenunter dem Motto 1700 „Jahre Existenz – Jüdisches Leben und Antisemitismus in 90 Minuten“ begleiten erfahrene Filmreferent*innen Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren (5. bis 12. Klasse) dabei, sich den Themen Jüdisches Leben und Antisemitismus behutsam anzunähern.
30.09.2021 | 14 bis 15 Uhr
Dialog | Stadtrundgang
Am 12. Juli 2021 wurde die Görlitzer Synagoge nach Verfall und dreißigjähriger Sanierung feierlich wiedereröffnet. In einer Führung vermittelt Dr. Markus Bauer Wissenswertes über Geschichte und Entwicklung des Gebäudes, über die Geschichte der Görlitzer Jüdinnen und Juden und die Gemeinde, die die Synagoge 1911 hat errichten lassen.
Die Veranstaltung findet im Rahmen der Interkulturellen Woche im Landkreis Görlitz statt.
30.09.2021 | 19 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Nur eine Handvoll von Jüdinnen und Juden lebte nach 1945 noch in der Oberlausitz. Der Vortrag „Jüdisches Leben nach 1945 in der Oberlausitz und der DDR“ von Steffen Heidrich von der TU Dresden nimmt diese kleine Gruppe in den Blick und geht der Frage nach, unter welchen Bedingungen sich in der sozialistischen Gesellschaft jüdisches Leben entwickelte. In Geschichten über Glauben, Traumata, Erinnerung und den Umgang mit Antisemitismus wird eine bisher kaum beachtete Geschichte des jüdischen Lebens in der Oberlausitz erzählt. Die Veranstaltung ist offen für alle Interessierten.
Die Veranstaltung findet im Rahmen der Interkulturellen Woche im Landkreis Görlitz statt.
01.10.2021 | 9 bis 15.30 Uhr
Dialog | Workshop
Jüdisches Leben in Deutschland endete nicht mit dem Holocaust. Doch das Gemeindeleben war in Regionen wie der Oberlausitz nur als Provisorium aufrecht zu erhalten. Traumata aufgrund der Verfolgung prägten die Nachkriegsbiographien und Antisemitismus setzte sich in unterschiedlichen Ausprägungen fort.
Der Workshop „Jüdisches Leben in der DDR im Unterricht | Praxisworkshop für Lehrkräfte“ mit Steffen Heidrich von der TU Dresden führt anhand von drei Themenkomplexen in die Regionalgeschichte jüdischen Lebens nach 1945 ein. An konkretem Quellenmaterial werden Ansätze aufgezeigt, das Thema in die (fächerübergreifende) Unterrichtsarbeit einzubauen.
Die Veranstaltung findet im Rahmen der Interkulturellen Woche im Landkreis Görlitz statt.
13.10.2021 | 19 bis 20 Uhr
Bühne | Konzert
Die Musiker Tal Koch, Amnon Seelig und Assaf Levitin stammen aus Israel und verstehen es, liturgischen Gesang aus der jüdischen Tradition auch Nicht-Juden verständlich zu machen und nahe zu bringen. Instrumental begleitet werden sie im Konzert „Die drei Kantoren“ vom israelischen Pianisten Naaman Wagner.
28.09.2021 | 14 bis 18 Uhr
Dialog | Workshop
Ein zweiteiliger Workshop „Antisemitismus in der Gegenwart“ mit HATiKVA e.V. sensibilisiert für antisemitische Einstellungen und Diskriminierungen in der Gegenwart. Die Veranstaltung bietet sowohl eine thematische Einführung in das Phänomen Antisemitismus als auch Raum zur kritischen Reflektion eigener (unbewusster) Vorurteile. Die Workshops bauen aufeinander auf und richten sich insbesondere an Pädagog*innen, sind aber offen für alle Interessierten.
08.11.2021 | 19 bis 21 Uhr
Dialog | Vortrag
Rund 20.000 jüdische Kinder wurden durch die Rettungsaktion „Kindertransport“ 1938 und 1939 vor den Nationalsozialisten vor allem nach Großbritannien gerettet. Darunter auch einige aus Görlitz, Bunzlau und anderen Orten Schlesiens.
Im Vortrag und Gespräch „Erinnerungen an der Grenze: Der Kindertransport und Niederschlesien“ erzählen Dr. Amy Williams und Prof. Bill Niven (Nottingham Trent University, GB) die Geschichte von Eltern, die die herzzerreißende Entscheidung treffen, das Leben ihrer Kinder zu retten, indem sie sie allein in die Fremde schicken – und wahrscheinlich nie wiedersehen werden.
Mit der Anwesenheit von Tamara Meyer, deren Mutter ein Görlitzer Kindertransport-Kind war und die in den USA lebt, schlagen wir den Bogen ins Jetzt: Wie hat der Kindertransport ganze Familiengeschichten beeinflusst? In welcher Verbindung stehen die damaligen Schicksale mit Menschen, die heutzutage zur Flucht gezwungen sind?
Der Vortrag findet teilweise englisch mit deutscher Übersetzung statt. Eine Veranstaltung im Rahmen der Week of Jewish Rememberance des Kulturbüro Görlitz und der Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung.
12.12.2021 | 19 bis 20.30 Uhr
Dialog | Vortrag
In der Veranstaltung „Wir sind da! | Vorstellung des Buchs zum Jubiläumsjahr >1700 Jahre jüdisches Leben< mit Uwe von Seltmann“ erzählt der Autor von der Vielfalt des gegenwärtigen jüdischen Lebens und der reichen Geschichte des deutschen Judentums – von den Anfängen im Mittelalter über den langen Kampf um Gleichberechtigung und den schwierigen Neuanfang nach der Shoah bis heute. Kann es ein normales jüdisches Leben in einem Land geben, das sechs Millionen ermordete Jüdinnen und Juden auf dem Gewissen hat und bis heute nicht frei von Antisemitismus ist?
01.01.2021 bis 30.06.2022
Dialog | Podiumsgespräch
Begegnung und Austausch sind der erste Schritt zum Abbau von Vorurteilen. Im Angebot „Ask a Rabbi“ wird deshalb Schulklassen die Möglichkeit zum Gespräch mit Rabbinerin Esther Jonas-Märtin aus Leipzig geben. Dabei können Fragen zur jüdischen Religion und zu jüdischem Leben in Deutschland gestellt werden.
Das Angebot findet auf Anfrage statt.
01.01.2021 bis 30.06.2022
Publikation | Audio
Im Podcast „Der gelbe Faden“ ist Anne Kleinbauer von der Hillerschen Villa Zittau im Gespräch mit Jüdinnen und Juden über Geschichten und Orte jüdischen Lebens in der Oberlausitz zu hören.