Auf der Suche nach dem verlorenen Erbe
Das Deutsche Zentrum „Kulturgutverluste” hilft den Nachfahren jüdischer Sammler*innen, ihr Erbe wiederzufinden.
Jüdische Kunstsammler*innen haben das kulturelle Leben in Deutschland über Jahrhunderte hinweg mitgeprägt. Doch in der Zeit des Nationalsozialismus wurden sie entrechtet, enteignet und verfolgt. Viele ihrer wertvollen Sammlungen sind bis heute verschollen.
Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste unterstützt die Nachfahren jüdischer Sammler*innen dabei, ihrem Erbe nachzuforschen. In einer digitalen Gesprächsreihe berichten sie davon: Adam Ganz, Hagar Lev und Dodi Reifenberg sprechen am 30. August sowie am 13. und 27. September 2021 über die Rekonstruktion verlorener Sammlungen und die Geschichte ihrer Familien.

Veranstalter
Veranstaltungen
30.08.2021 | 18 bis 20 Uhr
Dialog | Podiumsgespräch
Am 30. August spricht Adam Ganz mit Provenienzforscherin Nathalie Neumann und SWR-Journalistin Marie-Christine Werner über seinen Urgroßvater Felix Ganz, dessen Kunstsammlung er in Kooperation mit dem Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz rekonstruiert. In dem vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekt wird die verschollene Sammlung des Teppichhändlers aus Mainz erforscht.
13.09.2021 | 18 bis 20 Uhr
Dialog | Podiumsgespräch
Am 13. September spürt Hagar Lev im Gespräch mit der Kunsthistorikerin Emily Bilski der Geschichte ihres Urgroßvaters Karl Adler nach. Der Münchner Fabrikant sammelte Werke der zeitgenössischen Avantgarde. Er wurde 1938 im Konzentrationslager Dachau ermordet. Seiner Frau Emilie gelang die Flucht nach Palästina zu ihren Kindern. Die mindestens 130 Kunstwerke aus dem Besitz der Adlers sind seither verschollen.
In einem Projekt, das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert wird, forscht Hagar Lev in Zusammenarbeit mit der Provenienzforscherin Dr. Vanessa Voigt dem Verbleib der Sammlung stellvertretend für die Nachfahr*innen von Karl Adler und seiner Frau Emilie nach.
Hagar Lev wuchs in Israel auf, arbeitet in der IT-Branche und lebt heute in Leipzig.
Emily D. Bilski ist Kunsthistorikerin und war unter anderem für das Jüdische Museum München als Kuratorin tätig („Die ,Moderne Galerie‘ von Heinrich Thannhauser“, „Nichts als Kultur – Die Pringsheims“, „Die Kunst- und Antiquitätenfirma Bernheimer“).
Das Gespräch wird in englischer Sprache geführt!
27.09.2021 | 18 bis 20 Uhr
Dialog | Podiumsgespräch
Am 27. September führt die Tagesspiegel-Kulturredakteurin Nicola Kuhn ein Gespräch mit dem Künstler Dodi Reifenberg und der Autorin und Juristin Julia Albrecht. Reifenberg ist ein Nachkomme der wohlhabenden Berliner Familie Ginsberg, der die Schriftstellerin Gabriele Tergit in ihrem großen Familienroman „Effingers“ ein Denkmal gesetzt hat.
In zwei vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekten erforschen Reifenberg und Wissenschaftler*innen der TU Berlin zwei Kunstsammlungen aus der jüdischen Bankiers- und Unternehmerfamilie.
Ein Projekt widmet sich der Adolph-von-Menzel-Sammlung von Ludwig Ginsberg, der damals wohl größten Menzelsammlung in Privatbesitz. Ginsberg selbst starb 1939 verzweifelt in Berlin, seine Sammlung ist heute zum größten Teil verschollen.
In einem zweiten Projekt wird die wertvolle Ostasiatica-Sammlung von Herbert Ginsberg rekonstruiert, die 1942 in den Niederlanden von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden war. Herbert Ginsberg und seine Frau Olga, geb. Lachmann, überlebten untergetaucht in den Niederlanden, die rund 900 Stücke umfassende Sammlung ist zum größten Teil verloren. Auch eine weitere Sammlung der Familie, die islamische Sammlung von Max Ginsberg, ist verschollen, auch ihr Verbleib soll künftig erforscht werden. Aus der weitverzweigten Familie Ginsberg konnten sich nur wenige Mitglieder vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten retten.
Dodi Reifenberg lebt als Künstler in Berlin.
Julia Albrecht betreut das Rechercheteam als Projektleiterin und begleitet die Arbeit dokumentarisch.